Interview
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11.12.2024

Interview mit Ulf König: Mit zentraler Steuerung zu höherer Effizienz in der Intralogistik

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Mit zentraler Steuerung zu höherer Effizienz in der Intralogistik  

Die Automatisierung prägt die Intralogistik heute mehr denn je und eröffnet durch den Einsatz autonomer Fahrzeuge enormes Potenzial für mehr Effizienz und Flexibilität. Ulf König, Leiter Business Development Industrielogistik beim Aachener Softwarehersteller INFORM, spricht im Interview über die Chancen und Herausforderungen beim Betrieb von AGVs und FTS und erklärt, warum eine zentrale Steuerung für die optimale Koordination von konventionellen und autonomen Transportmitteln unverzichtbar ist.  

Ulf König ist Leiter Business Development im Geschäftsbereich Industrielogistik beim Aachener Optimierungsspezialisten INFORM. Er arbeitet eng mit dem Team und den Kunden zusammen, um die gemeinsamen Bemühungen für nachhaltige Digitalisierung, verbesserte Entscheidungsfindung und Effizienzsteigerung in der Logistik voranzutreiben.  

Die Automatisierung ist derzeit ein Megatrend, der nicht aufzuhalten ist. Herr König, wo sehen Sie dabei die derzeit größten Chancen für die Intralogistik?  

Die größten Chancen der Automatisierung in der Intralogistik sehe ich ganz klar in der Steigerung der Effizienz. Insbesondere bei Prozessen oder Transportrelationen, die regelmäßig und in hoher Frequenz ablaufen. Automatisierung erlaubt Ressourcen gezielter und effektiver einzusetzen und spart dadurch wertvolle Zeit und reduziert Kosten deutlich. Zusätzlich wird die Prozess- und Ausfallsicherheit gesteigert. Automatisierte Systeme sind stabiler und weniger störanfällig – ein wichtiger Punkt, besonders vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels, die viele Unternehmen vor Herausforderungen stellen. Langfristig sehen wir also eine deutliche Senkung der Betriebskosten und eine solide Grundlage, um im Wettbewerb gut aufgestellt zu bleiben.  

Sind AGVs und FTS also die ultimative Lösung für alle Herausforderungen in der Intralogistik?  

Nicht ganz. AGVs und FTS sind heute bereits sehr leistungsfähig und können eine Vielzahl von Einsatzszenarien abdecken. Zudem erfüllen sie höchste Sicherheitsstandards, sodass in puncto Sicherheit kaum noch Bedenken bestehen. Das macht sie aber trotzdem nicht zum Allheilheilmittel. Denn in der Praxis sehen wir, dass sie meistens sehr gezielt für bestimmte Aufgaben oder Prozessschritte eingesetzt werden. Das liegt unter anderem daran, dass nicht jedes Fahrzeug für jede Art von Transportgut geeignet ist. Weichen die zu transportierende Güter stark von standardisierten Paletten oder Boxen ab, können die Anschaffungskosten für FTS erheblich steigen. Zudem erfordert die Einführung eine sorgfältige Organisation und Planung. Einmal installiert, sind solche Systeme in der Regel weniger flexibel einsetzbar als konventionelle Stapler. Konventionelle Stapler und manuell geführte Ressourcen werden also nicht von der Bildfläche verschwinden und bleiben ein unverzichtbarer Bestandteil der Intralogistik.  

Was bedeutet das dann für Unternehmen, die auf den Einsatz von AGVs nicht verzichten wollen?   Das bedeutet, dass Unternehmen ihren Materialfluss ganzheitlich betrachten müssen. AGVs und FTS agieren nicht im luftleeren Raum, sondern müssen zusammen mit konventionellen Ressourcen als hybride Flotte gesteuert und optimal eingesetzt werden. Das sorgt für eine bestmögliche Nutzung der jeweiligen Stärken beider Systeme und sorgt für mehr Flexibilität im Betrieb. Um die Akzeptanz von AGVs zu stärken, haben wir bei Kunden beispielsweise Prozesse eingerichtet, bei denen konventionelle Ressourcen als „Backup“ dienen, falls ein AGV eine Aufgabe nicht wie geplant ausführen kann. Im Kern heißt das: Eine integrierte und umfassende Transportsteuerung ist unerlässlich, damit alle Systeme reibungslos zusammenarbeiten und das volle Potenzial der Automatisierung genutzt wird.  

Welche Effizienzgewinne können Unternehmen durch den Einsatz zentraler Steuerungssysteme in der Intralogistik erwarten?  

Unsere Kunden berichten von signifikanten Effizienzsteigerungen in ihren Intralogistikprozessen von bis zu 80 Prozent, was zu Kostensenkungen von bis zu 30 Prozent führt. Möglich wird dies durch zentrale Steuerungssysteme, die in Echtzeit entscheiden, welches Transportfahrzeug welchen Auftrag als nächstes durchführen sollte, damit das gesamte Auftragsnetz optimal funktioniert und Leerfahrten vermieden werden. Sie fassen alle relevanten Informationen für die Disposition, Steuerung und Überwachung von Ressourcen und Transportaufträgen zusammen und synchronisiertén die Prozesse. So erreichen Unternehmen eine Minimierung des Ressourcen-Einsatzes bei gleichzeitiger Maximierung ihrer Transportleistung.  

Können Sie uns auch ein konkretes Beispiel aus der Praxis dazu nennen?   Ein gutes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit unserem Kunden MTU Aero Engines. Seit 1993 setzen wir dort ein zentrales Steuerungssystem ein, um jährlich mehr als 560.000 Transportaufträge zu koordinieren – mit einer Integration sowohl von manuell bedienten Staplern als auch FTS. Die zentrale Steuerung hat es MTU ermöglicht, die Ressourcennutzung zu optimieren und die Prozesssteuerung flexibler zu gestalten. Die interne Liefertreue konnte trotz gestiegener Komplexität und höherem Volumen von 89 Prozent im Jahr 2020 auf 93 Prozent im Jahr 2022 erhöht werden. Schon in den ersten Jahren führte der Einsatz des Systems zudem zu Kosteneinsparungen von rund 30 Prozent, mit einem Return on Investment innerhalb eines Jahres. 

Welche Rolle spielt dabei die VDA5050-Schnittstelle, die ja auch die Koordination von Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller ermöglichen soll?   Die VDA 5050 ist ein wichtiger und richtiger Schritt in Richtung Interoperabilität und wird mit jeder neuen Version leistungsfähiger. Dennoch gibt es zwei wesentliche Aspekte, die man berücksichtigen muss: Zum einen beschränkt sich die VDA 5050 auf die Kommunikation zwischen der Leitsteuerung und den AGVs bzw. FTF – konventionelle Fahrzeuge bleiben also außen vor. Zum anderen ist die VDA 5050 nicht als vollständiger Plug-and-Play-Standard gedacht. Das bedeutet, dass auch mit VDA 5050 immer noch Integrationsarbeit notwendig ist, um die AGVs optimal in den Gesamtprozess einzubinden und ein harmonisches Zusammenspiel aller Systeme zu gewährleisten.  

Und zuletzt: Welche Vorteile bringt die Cloud in diesem Zusammenhang gegenüber On-Premise-Lösungen?   Während On-Premise-Lösungen lange Zeit der Standard waren, gingen sie doch oft mit hohen Wartungskosten, eingeschränkter Skalierbarkeit und regelmäßigem Update-Aufwand einher. Die Einführung der Cloud verändert das grundlegend. Sie ermöglicht es, die Intralogistik noch effizienter und flexibler zu gestalten, da Abläufe problemlos skaliert werden können, ohne dass große Investitionen in physische Infrastruktur vor Ort nötig sind. Das ist besonders hilfreich in dynamischen Umgebungen, wo sich Anforderungen schnell ändern können. Ganz gleich, ob es um den Einsatz kleinerer Flotten von autonomen Robotern oder um komplexe, standortübergreifende Prozesse geht - so können Unternehmen ihre Logistiklösungen schnell an veränderte Anforderungen anpassen und problemlos expandieren.

Schlagworte

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